Wandbereiterbrücke

Die Wandbereiterbrücke liegt auf dem Wandrahm und überführt das Wandrahmsfleet im Verlauf der Straße St. Annen in Verlängerung der Kornhausbrücke. Die unter Denkmalschutz stehende Brücke wurde im Jahr 1901 errichtet und im Jahr 2009 wurde sie einer kompletten Grundinstandsetzung unterzogen, da die tragende Substanz massive Schäden aufwies und dem durch den Bau der HafenCity erhöhten Verkehrsaufkommen nicht mehr standhielt. Bei der Grundinstandsetzung, die einem Neubau gleichkam, wurden die zukünftig zu erwartenden Verkehrsbelastungen und auch die Vorgaben der Denkmalpflege berücksichtigt, da die neue Brücke als so genannte Verbundbrücke hergestellt wurde. Die genieteten Bestandsbögen der ursprünglichen Brücke wurden einschließlich der Gehwegkonsolen instand gesetzt und seitlich an die Verbundkonstruktion der neuen Brückenplatte angeschlossen. Somit wurde gewährleistet, dass die äußere Erscheinungsform den Vorgaben des Denkmalschutzes entspricht. Wie auch bei der ursprünglichen Brücke erfolgte auch die Verkleidung der neu errichteten Teile der Widerlager mit Natursteinen und Klinker. 

Wandbreiterbrücke Schild Wandbreiterbrücke

Wer sich als Leser dieses Blogs nun für Details der Grundinstandsetzung interessiert, der möge doch bitte diesem Link hier folgen: http://bit.ly/NDjGYp Scheinbar war der Neubau der Brücke ein Eldorado für Video-Enthusiasten … Unter dem o.g. Link gibt es eine Vielzahl von Videos über die Grundinstandsetzung der Wandbereiterbrücke.

Wer schon den einen oder anderen Beitrag von mir gelesen hat, der weiß, dass ich ab und an gern mal einen kleinen Ausflug in die Geschichte der jeweiligen Brücke oder der Umgebung mache. So auch heute; denn wie bereits erwähnt, befindet sich die Wandbereiterbrücke auf dem Wandrahm, über den es einiges zu berichten gibt.

Der Wandrahm ist eine Insel in der Speicherstadt und ist im Norden durch den Zollkanal und im Osten durch den Oberhafen von der Altstadt getrennt. Die südliche Abgrenzung erfolgt durch das Wandrahmfleet, das St.-Annen-Fleet sowie das Holländischbrookfleet und das Kleine Fleet bildet die westliche Abgrenzung zum Kehrwieder. All diese Fleete werden mit insgesamt 13 Brücken überquert.

Im Jahr 1532 wurde der Wandrahm und auch die Nachbarinsel Kehrwieder in die befestigte Stadt einbezogen und das Brooktor wurde angelegt. Mit der Errichtung der Wallanlagen wurde auch das Brooktor verstärkt und es wurde die vorgelagerte Bastion Ericus (Stichwort heutzutage: Ericusspitze) errichtet, die mit den Stadtgräben den Wandrahm geschützt hat.

Und nun kommen wir zum Namen der Brücke: „Wandbereiter“ waren Tuchhersteller. Die Insel diente nämlich vom 14. bis zum 17. Jahrhundert den Wandbereitern – in erster Linie als Rahmenhof, d.h. als Ort, an dem die Stoffe nach dem Färben und Walken auf „Wandrahmen“, was Holzgestelle waren, zum Trocknen aufgestellt wurden.

Weil eben diese „Wandbereitung“ über Jahrhunderte einen solch erfolgreichen Geschäftszweig in Hamburg darstellte, errichtete die Stadt im Jahr 1555 am östlichen Ende des Holländischen Brook eine Wassermühle. Diese Wassermühle wurde als Walk- und Pochmühle errichtet, die im Volksmund Poggenmühle (Stichwort: Poggenmühlenbrücke) genannt wurde.  Diese Mühle wurde im Jahr 1865 abgerissen.

Kurzer Exkurs: „Walken“ bedeutet u.a. das Verformen von Tüchern. Wikipedia schreibt hierzu: „Das Walken mit den Füßen bei der Tuchherstellung war auch im mittelalterlichen England bekannt. Ein Walker hieß auf Englisch auch walker, woraus sich auch der gleichlautende Familienname entwickelte. Im Englischen entwickelte sich daraus die Bedeutung von to walk ,mit den Füßen treten‘ zu ‚spazieren‘.“

Ab dem Jahr 1609 wurde der Wandrahm auch mit Wohnhäusern bebaut. Hier ließen sich vor allem Handwerker und aus Holland eingewanderte Kaufleute an, die dann dort auch stattliche, gutbürgerliche Stadthäuser bauten (nun wissen wir auch, wieso „Holländischbrookfleet“).

Am Alten Wandrahm entstand zwischen 1660 und 1662 das „Große Kornhaus“, das in Fachwerkbauweise mit Eichenholz gebaut wurde und als Großlager für Getreide diente. Dieses Getreide war nicht nur für die Versorgung der Stadt gedacht, sondern regulierte auch die Preise: in den Zeiten von Teuerungen konnten die Eigner an Bedürftige Korn zu niedrigen Preisen anbieten. Ab ca. 1812 (also während der von 1806 bis 1814 dauernden Franzosenzeit in Hamburg) wurde das Große Kornhaus vom Militär als Lazarett und Kaserne genutzt. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es dann als Kaserne genutzt und im Jahr 1871 abgerissen, da für die dort stationierten Regimente eine neue Kaserne in der Bundesstraße errichtet wurde.

Das Ende der Wohnbebauung kam im Jahr 1886: für den Bau der Speicherstadt wurde das komplette Wohnquartier abgerissen und die Speicherblöcke P, Q und R entstanden in den Jahren 1891 bis 1897 am St. Annenufer und Neuer Wandrahm. Zwischen 1899 und 1927 wurden die Speicherblöcke S bis X im Gebiet östlich Bei St. Annen erbaut. Die lange Bauzeit ist in der Unterbrechung durch den 1. Weltkrieg begründet.

Diesen Bericht möchte ich aber noch gern mit einem Zitat aus dem Roman „Kehrwieder Johnny“ abschließen, weil dies so gut hierher passt:

Der äußere Ring umschloss die gesamte nördliche Hälfte des Brook. Die fünf Brücken zur Stadt, die erst im Jahr zuvor erbaute eiserne Niederbaumbrücke zum Kehrwieder, die Brookbrücke, die kleine Jungfernstiegbrücke bei St. Katharinen, die Kornhausbrücke und die Wandrahmsbrücke waren in der Nacht mit Petroleumfässern des gekaperten Tankseglers „Andromeda“ verbarrikadiert worden. Auf jeder Brücke ließen unter großen Regenplanen drei Brookboys mit rauchenden Fackeln erkennen, was geschehen würde, sollten Constabler oder preußische Infanteristen versuchen, das Schlachtfeld zu stürmen. Das gleiche galt für die Brooktorbrücke, die einzige Verbindung, über die Polizei oder Armee von Süden her, vom Hannoverschen Bahnhof aus, ins Zentrum des Brooks hätten vordringen können.

So … ‚tschuldigung, dass es etwas länger wurde, aber ich habe mich in den vielen Seiten verfangen, die ich über den Wandrahm gefunden habe und konnte mich nicht so recht entscheiden, was ich veröffentliche und was nicht.

Weiterführende Links:

Franzosenzeit in Hamburg auf hamburg.de

Geschichte des Wandrahm auf Wikipedia

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4 Gedanken zu „Wandbereiterbrücke

  1. knightlyart

    Ich mag deine geschichtlichen Hintergründe zu den Brücken! Es ist extrem spannend! Geschichtsunterricht der besonders schönen Art!
    Ich danke dir und bis zur nächsten Brücke!
    Ganz liebe Grüße von Kirsten…

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